Tommy Roberts jr. läuft 700 Kilometer nach Berlin
Im August beschlossen TJ und sein Dad: Wir laufen am 19. September zu Fuß von Kempten nach Berlin - für einen Job. Nach sechs Wochen und 700 Kilometern werden sie bei Universal Music klingeln, um deren Unternehmensphilosophie beim Wort zu nehmen: „Wir müssen und wollen neue Rahmenbedingungen schaffen, um uns weiterhin auf das konzentrieren zu können, worum es uns vor allem anderen geht: Musik. Mehr als jemals zuvor setzen wir auf junge Künstler, die der Musik neue Impulse geben. Zukunft wird gemacht. Und wir machen das jetzt.“ (Zitat Universal Music)

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Der vierte Tag - no end in sight
Do. 22. September '05, 19:36 Uhr - Augsburg Nord


Hey da draußen und zuhause - mit unseren permanenten Schmerzen und Blasen möchten ich Euch nicht mehr behelligen, da ich eh glaube, das bleibt bis Berlin so. Denn wir schreiben hier ja keine Anleitung zum Unglücklichsein - im Gegenteil, eigentlich und überhaupt was die heutige Etappe einfach nur schön.


Von Großaitingen bis Augsburg gingen wir einen Radweg entlang der Wertach. Natur pur, und es war wie die Welt neu erleben, man sammelt so viele Eindrücke über Pfanzen, Bäume, Seen und Wälder, und mittlerweile können wir schon unterscheiden, welcher LKW Diesel und welcher Biodiesel tankt (riecht dann so wie an der Fritöse im Drive In). Vielleicht entwickele ich mich ja noch zum Pfadfinder (mit Kevins Navi in der Hand) und kann Spuren lesen wie z.B. diesen komischen weißen Strich, dem wir oft hinterherlaufen. Dad sagt, das heißt Fahrbahnmarkierung... hahaha...

Allright, schnell noch unter die Dusche, verliert eure Träume nicht - Euer TJ
Der Dreck der Straße gehört uns...

Mi. 21. September '05, 18:30 Uhr - Großaitingen

Der dritte Tag ist vorbei, hinter uns liegen jetzt schon knapp 75 Kilometer, und heute hatten wir schon stark mit unseren Schmerzen in den Beinen zu kämpfen. Dazu kam noch, dass wir uns verlaufen hattben (die Karte war schuld?), und wir mussten fast 1 km durch einen dichten Wald wieder zurück zur Straße. Dad und ich machten uns einfach ein Abenteuer daraus und lachten über unsere Dummheit.

Überhaupt war die Strecke heute nicht einfach, da wir oft an der Hauptstraße entlang laufen mussten, wo Autos und LKW nur einen halben Meter an uns vorbeifuhren, den Straßenstaub in`s Gesicht wehten und das Laufen zur Tortur werden ließ, aber egal, jetzt ist es auch vorbei.

Die Sonne schien und eigentlich freute uns der Dreck auf der Straße, denn er gehört zu uns – den Tramps auf Zeit. Wenn der morgige Tag vorbei ist, ist die Kilometerzahl schon dreistellig und das wird morgen mit einem excellenten Abendessen von Mum gefeiert. Jetzt noch schnell unter die Dusche, die Blasen in`s Bett gelegt, geschaut ob noch Platz ist, dazugelegt und schnell schlafen, den die Straße wartet in wenigen Stunden wieder auf uns. Bis morgen in alter Frische!

Foto: Mum läuft zur Aufmunterung ein bißchen mit.
Step by step - "nur" noch 650 Kilometer
Di. 20. September '05, 15:30 Uhr - Bad Wörishofen

Der zweite Tag: abgesehen von 2 DICKEN Blasen an den Fersen und Muskelkater an Stellen, wo ich niemals Muskeln erwartet hätte, superschön!

Dad und ich sind morgens um 8:30 gestartet und genossen die Landluft im Ostallgäu um Baisweil in vollen Zügen. Der Morgennebel lichtete sich, die Wolken rissen auf, weißblauer bayrischer Himmel und die Sonne lachte, als wollte sie sich lustig machen über uns, denn die ersten Schritte machten wir vor lauter Muskelkater im Stechschritt. Aber vielleicht hat sie nach dem Wahlergebnis einfach nur über dieses unregierbare Land gelacht. Ein Grund mehr, das Leben selbst in die Hand zu nehmen, zu tun, zu laufen...

Mittags kamen wir in Bad Wörishofen an und am liebsten hätten wir unsere Beine in eine der vielen Kneippbäder verwöhnen lassen - aber keine Zeit, denn Mum wartete mit einem super Mittagessen: Gulasch mit Nudeln und Gemüse unter freiem Himmel, in der Sonne. Ihr müsst aber nicht neidisch werden, denn die Schmerzen blieben, ich möchte nicht jammern, aber es ist schon hart. Ok, ich denke, das wird in der ersten Woche so sein, und wir hoffen, es wird besser. Die Laune in der Familie ist einfach klasse, Dad geht mein Tempo tapfer mit (manchmal flucht er ganz leise, glaube ich...), Mum fährt das Hymer Mobil (als hätte sie noch nie etwas anderes gefahren) und Kevin ist den ganzen Tag mit seiner kleinen Kommandozentrale - Telefon, Laptop, Navigationssystem und Landkarte - beschäftigt (hallo Houston – wir haben da ein Problem...). Nur Julchen ist überfordert (soll ich zuerst fressen – und dann schlafen oder umgekehrt??) Wenn Ihr uns in Berlin nicht seht, dann deswegen, weil ein dicker Dackel vor uns steht...

Also - bis bald irgendwo an der Strecke! Und dickes Danke für all die Mails und Gästebucheinträge! I don't walk alone... Schönes Gefühl.
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